TMA Basel

Seit der Einführung des Südanflugs am Flughafen Basel im Jahr 2007, der durch die Tango-Sektoren der TMA Basel geschützt wird, gab es regelmässig Reklamationen seitens Hängegleiterpiloten und -clubs, dass diese HX-Sektoren (Sektoren, die zu unbestimmten Zeiten aktiviert und deaktiviert werden) viel zu häufig und unnötig aktiviert würden. Tagelang seien die Sektoren aktiv, ohne dass man jemals ein Flugzeug in der Luft oder auf Radar24 sehe, das von Süden her anfliege.


Der SHV hat auf verschiedenen Kanälen versucht, eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. Unter anderem hat der SHV einen Antrag bei der NAMAC, dem nationalen Luftraumkomitee des BAZL (bei dem der SHV einsitzt) gestellt, das BAZL müsse bei der französischen Luftfahrtbehörde DGAC intervenieren. Die entsprechenden Anfragen des BAZL an Frankreich blieben jedoch fruchtlos. Deshalb gab uns das BAZL den Ball zurück mit der Aufforderung, bilateral mit dem Flughafen und seiner Flugverkehrsleitstelle direkt Kontakt aufzunehmen. SHV-Geschäftsführer Christian Boppart und Luftraumbeauftragter Chrigel Markoff wurden zusammen mit Vertretern des Aero-Club der Schweiz und der AOPA (Aircraft Owners and Pilots Association) am 30. Januar vom Flughafen Basel empfangen. Der Direktor des Flughafens, Matthias Suhr, sowie Guy Heller und Stéphane Gauzelin von der DSNA (Direction des services de la Navigation aérienne, dem Pendant zur Schweizerischen Skyguide, welcher die Flugverkehrsleitung auf dem EuroAirport in Basel obliegt) nahmen sich Zeit, unsere Anliegen betreffend der Aktivierungsintensität der Tango-Sektoren zu beantworten (mit «Tango» bezeichnet man die drei TMA-Bereiche T1 bis T3, siehe Segelflugkarte). Im Vorfeld dieser Sitzung erstellte der SHV über mehrere Monate eine Analyse von Wettersituationen und Aktivierungsstatus. Dabei kam zutage, dass die Tango-Sektoren rund 80 % der Zeit aktiviert sind, während laut öffentlichen Statistiken des Flughafens nur gerade 10 % der Landungen effektiv von Süden her (Piste 33) erfolgen.

Für diese grosse Differenz, die die Beobachtungen der Clubs und Piloten mit Fakten belegt, fragte der SHV nach Erklärungen. Die Vertreter der DSNA haben sich daraufhin intensiv mit unserer Tabelle (90 Tage zwischen April und Juli 2019 wurden beobachtet) befasst, und es kam zu folgenden Aussagen:
- An vielen Tagen war aufgrund von Gewittern (CB) oder sich schnell auftürmenden Wolken (TCU) damit zu rechnen, dass der Wind innert kürzester Zeit wechsle und ein kurzfristiger Wechsel der Anflugrichtung jederzeit innert zehn Minuten möglich sein müsse, weshalb die Tango-Sektoren vorsorglich aktiviert werden müssen. Das Umfeld des Flughafens mit Jura, Schwarzwald und Vogesen mit ihren thermischen Besonderheiten sei für diesen Umstand verantwortlich.
- Eine Statistik des französischen Wetterdienstes, die uns vorgelegt wurde, zeigt, dass an einer überwiegenden Anzahl von Tagen übers ganze Jahr verteilt eine nördliche Windkomponente vorherrscht. Bleibt diese Komponente schwach, wird aus betrieblichen Gründen trotzdem auf der Piste 15 (von Norden kommend) gelandet, weil dies operationell für den Flughafen und die Airlines (weniger Umweg) vorteilhafter ist. Dabei muss jedoch immer damit gerechnet werden, dass die Nordwindkomponente weiter zunimmt, sodass ebenfalls kurzfristig auf die Piste 33 (Südanflug) gewechselt werden muss. So kann es sein, dass die Tango-Sektoren längere Zeit aktiv sind, ohne dass es wirklich zu einer Landung aus Süden kommt.
- Die Statistiken zeigen, dass es seit der Einführung des Südanflugs im Jahr 2007 eine deutliche Zunahme an Nordwindlagen gibt. Über die Gründe hierfür und über einen eventuellen Zusammenhang mit der Klimaerwärmung kann man nur mutmassen. - Grundsätzlich müsste ab einer Rückenwindkomponente von mehr als 5 kt die Anflugrichtung gewechselt werden. Aus besagten Gründen wird aber versucht, nach Möglichkeit weiterhin auf der Piste 15 zu landen. Lehnt dies ein Airlinepilot im Einzelfall aber ab (pilots decision) oder darf er aufgrund einer airline-internen Vorschrift nicht mit Rückenwind landen, muss die Anflugrichtung ebenfalls kurzfristig geändert werden, was innert weniger Minuten möglich sein muss.
- Guy Heller bestätigte aber auch, dass es an fünf Tagen unserer 90 Aufzeichnungen keinen Grund gab, die Tango-Sektoren zu aktivieren. Dies sei wohl auf eine Übervorsichtigkeit des jeweiligen Tower-Supervisors zurückzuführen. Er versprach uns, die verantwortlichen Controller in internen Schulungen zu sensibilisieren. Insbesondere an denjenigen Tagen, an denen ein hohes Aufkommen an Hängegleitern zu erwarten ist (z.B. an thermisch guten Wochenenden oder Feiertagen).
- Grundsätzlich seien Einflugfreigaben an Hängegleiterpiloten in aktive Tango-Sektoren mittels Funk möglich, obwohl der Luftraum D ein Transponder vorsehe. Wenn es die Verkehrslage erlaube, könnten Flugverkehrsleiter solche auch ohne Transponder erteilen, wie es auch bei Segelflugzeugen ohne Transponder öfters gemacht werde. Versprechen könne man aber nichts.

Es liegt aus besagten Gründen weder im Interesse der Airlines noch des Flughafens und der Flugsicherung, von Süden her zu landen. Doch es ist zu befürchten, dass Südanflüge zahlenmässig künftig eher noch zunehmen. Einerseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tendenz zu Nordwindlagen weiter anhält, andererseits sind Arbeitsgruppen zur Erhöhung der Flugsicherheit daran – infolge Zwischenfällen und Unfällen bei Rückenwindlandungen – solche zu minimieren. Unter anderem ist ein Projekt am Laufen, das die Feuchtigkeit von Pisten detaillierter erfassen soll. Dies mit dem Ziel, Rückenwindlandungen bei feuchten Pisten ganz zu unterbinden. Die DSNA hat dem SHV und auch den lokalen Clubs anerboten, weiterhin einen Austausch zu pflegen und auch mal einen Anlass mit den Clubs durchzuführen, bei dem sie die Gegebenheiten, den Tower etc. vor Ort kennen lernen könnten. Auch wenn die Folgerungen aus diesem Gespräch nur wenig Hoffnung auf deutlich geringere Aktivierungszeiten ergeben, so war dies doch ein wichtiger Austausch für das gegenseitige Verständnis. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass grösstenteils keine unnötigen Aktivierungen stattfanden. Die Arbeit der französischen Flugsicherung ist sehr fundiert und gewissenhaft. Unsere Anliegen wurden sehr ernst genommen und genau analysiert. Wegen der hohen Komplexität der Wetterverhältnisse ist es schwierig, die einzelnen Aktivierungen nachzuvollziehen.

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